Beitrag anläßlich der Europawahl 2019
Meine Woche mit Europa
Umweltschutz braucht das Europaparlament
Am letzten Freitag gingen wieder Schüler und Schülerinnen im Rahmen von FRIDAY FOR FUTURE auf die Straßen in Deutschland (lt. Veranstalter: 300.000!!!) und weltweit, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Das scheint allerdings vielen nicht zu passen, sehen sie doch ihre mangelnde Umweltpolitik in der Kritik. Und so kommt es, daß nicht die Forderungen der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion gestellt werden, sondern der Regelverstoß, der Schulpflicht nicht zu genügen. Peinlich und entlarvend: Wenn diese Verantwortlichen sich ausreichend und engagiert für eine gesunde Umwelt einsetzen würden, bräuchten die Nachgeborenen nicht auf die Straße zu gehen.
Es wundert nicht, daß das Verhalten der Schüler und Schülerinnen kritisch gesehen wird. Ist es doch immer wieder die deutsche Bundesregierung, die die Klimapolitik der Europäischen Union ausbremst und alles dafür tut, daß u.a. die Autoindustrie möglichst wenig Auflagen erhält und die Landwirtschaft krebserzeugende Mittel nutzen kann. Kein Wunder, daß junge Menschen ihre Zukunft bedroht sehen.
Populistische Parteien haben mit Umweltschutz kaum was am Hut. Die AfD will, ebenso wie der US-amerikanische Präsident, vom Klimawandel nichts wissen. Gerade auch im Umweltbereich sind gemeinschaftliche Regelungen wichtig und sinnvoll. Das Europaparlament hat bisher schon viele sinnvolle Regelungen durchgesetzt – oftmals gegen die nationalen Interessen. Wer – wie rechte Parteien – auf die nationale Karte setzt und das Europaparlament abschaffen will, wird die Verschmutzung der Meere, der Luft und der Böden nicht aufhalten, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits uns und mit Sicherheit die kommenden Generationen in die Klimakatastrophe führen.
Was kostet uns die EU??
Endlich hat auch die CDU/CSU ihr Programm für die Europawahl vorgestellt. Dabei erklärte der bayrische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Söder laut tagesschau.de (25.03.2019), es könne nicht sein, „dass quasi aus Deutschland heraus allein Europa finanziert wird“.
Einmal mehr stellt sich ein deutscher Politiker hin und sieht Deutschland als den Finanzier der EU. Die Wirklichkeit sieht jedoch ein Stück anders aus. „Berechnet man den deutschen Beitrag zum EU-Haushalt auf die Einwohnerzahl, so stehen die Deutschen bei den Pro-Kopf-Zahlungen in der Rangliste nur auf Platz vier. Jeder Bundesbürger zahlte 2015 laut Statistikbehörde Eurostat im Schnitt 176 Euro in den Gemeinschaftshaushalt ein. An der Spitze standen die Schweden (226 Euro), gefolgt von den Niederländern (219 Euro) und den Briten (178 Euro). Der deutsche Beitrag ging übrigens zurück, 2014 hatten die Deutschen mit 192 Euro noch Platz drei belegt.“ (Quelle: https://ec.europa.eu/germany/eu60/eu_rechnet_sich_de).
Das sollte eigentlich auch der Politiker Söder wissen. Er weiß es sicherlich. Aber es macht sich vor den Wählern gut, wenn man auf die EU schimpfen kann. Sicherlich zahlt Deutschland absolut den größten Beitrag in die EU-Kasse. Aber Deutschland hat auch mit Abstand die meisten Einwohner. Deutschland hat auch die meisten Parlamentariersitze im EU-Parlament. Will Söder die auch reduzieren?
Der Deutsche Caritasverband schreibt übrigens zum Thema: Die EU ist zu teuer: „Dabei war beispielsweise der EU-Haushalt 2018 für immerhin 28 EU-Mitgliedsstaaten und über 500 Mio. Bürger(innen) mit rund 160 Mrd. Euro nur halb so groß wie der deutsche Bundeshaushalt. Nur 6 Prozent dieser Summe gehen in Verwaltungskosten, wie die Bezahlung der Gehälter der rund 70.000 EU-Beschäftigten. Zum Vergleich: Die Stadt Wien beschäftigt 65 000 Mitarbeitende, allein das französische Finanzministerium hat 146 000 Angestellt.“ (Quelle: care4EU, DCV Freiburg)
Ich bin verantwortlich, du bist verantwortlich
Kommen Sie mir später bitte nicht damit, von nichts gewußt zu haben. Ein wenig Information durch seriöse Zeitungen, Fernsehsendungen oder Internetseiten – das können wir doch schaffen, oder? Gucken Sie nach Großbritannien: Viele Briten wachen jetzt erst auf, nachdem sie festgestellt haben, daß es ein Fehler gewesen ist, nicht zur Wahl gegen den Brexit zu gegangen zu sein. Wir sollten das bei der Europawahl nicht nachmachen.
Bei der letzten Europawahl haben lediglich 43% aller EU-Bürger und Bürgerinnen ihr Wahlrecht genutzt. Mit kommt da der Gedanke, daß wer sein Recht nicht nutzt, er es irgendwann nicht mehr haben wird. Wollen wir das?
Rechte Parteien in der ganzen EU sind im Aufwind, so höre ich dieser Tage erneut im Radio. Sie spekulieren darauf, bei einer niedrigen Wahlbeteiligung einen großen Batzen an zusätzlichen Abgeordnetenmandaten zu erhalten und so die Arbeit im Parlament deutlich zu beeinflussen – mit Nachteilen für uns EU-Bürger und Bürgerinnen. Die nationalistisch orientierten Parteien wollen kein geeintes Europa. Ihr Ziel ist u.a. die Auflösung des Europaparlaments, eines Parlaments, welches u.a. dafür sorgt, daß EU-weit Standards beim Verbraucher-, Umwelt-, Lebensmittel- oder Verbraucherschutz gesetzt werden.
Populisten erklären, die meisten EU-Europäer hätten die EU statt. Laut Umfrage halten jedoch 81 % der Deutschen die EU-Mitgliedschaft für eine gute Sache und auch in den anderen Ländern sieht man das ähnlich. (Quelle: care4EU, DCV Freiburg).
Offensichtlich aber wollen nur 48% aller Befragten in Deutschland an der Europawahl teilnehmen. Ein merkwürdiges Missverhältnis. Bei allen Vorbehalten gegenüber der EU – und glauben Sie mir, da habe so einige – gehe ich zur Europawahl. Ich sehe es ansonsten wie Heribert Prantl: „ Europa hat Fehler, Europa macht Fehler, aber der Nationalismus ist ein einziger großer Fehler.“ (Quelle: Süddeutsche Zeitung Online, 03.02.2019). Lassen Sie uns diesen vermeiden!
Jürgen Heimes, Niewieder
26. März 2019