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Beitrag anläßlich der Europawahl 2019

Hier der Beitrag von Beate Schanzenbach vom 22.04.2019:

Das pure Desinteresse schlug mir in der letzten Woche entgegen.
Geschlagen hatte eine Bekannte, die ich hier Josie nenne, die keine Lust auf einen Wahlgang zur Europawahl hatte. Die Bundes-Landtags- und Kommunalwahlen hält sie für wichtig, aber Europawahl: nein, da geht sie nicht hin. 
Dabei besteht ihr Alltag zu großen Teilen aus Gesetzen und Richtlinien, die auf europäischer Ebene entschieden worden sind.
Sie geht sehr gerne einkaufen, realisiert aber nicht, dass Binnenmarktpolitik europäische Politik ist. Genauso wie die Telekommunikation: die Abschaffung der Roaming Gebühren ist ohne EU undenkbar. 
Hier grenzen wir an den Verbraucherschutz, der die Rechte der Verbraucher*innen, aber auch den Schutz der Arbeitnehmer*innen behandelt. Beispielsweise das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) schreibt vor, dass technische Produkte nur dann auf den Markt kommen dürfen, wenn sie nach europäischen Normen sicher sind, z. B. Kaffeemaschine, Bohrmaschine, Rasenmäher und so weiter, und so weiter.
Und im Urlaub genießt Josie Europäische Union pur: ohne Grenzkontrollen mit gleicher Währung durch große Teile Europas. Mit ihren 27 Jahren kann sich Josie das auch anders gar nicht vorstellen, aber es gab früher Kontrollen und Schlangen an allen europäischen Grenzübergängen. Und das, was heute eher bei Günter Jauch als Frage dienen könnte: wo gab es Lira, Kronen, Gulden, Francs, Escudos, Drachmen und Schillinge? 
Viele Populisten streben danach, gerade diese Errungenschaften wieder zurückzufahren, um ihre vermeintliche Eigenständigkeit wieder zu erlangen. Aber gerade innerhalb der EU ist diese Eigenständigkeit durchaus vorhanden, denn alle Entscheidungen werden im europäischen Parlament mit den Stimmen der gewählten nationalen Vertreter*innen verabschiedet.
Auf globaler Ebene bekommen unsere Stimmen gegenüber den Großmächten mehr Gewicht in einer Gesamteuropäischen Repräsentanz als rein nationalstaatliche Vertretungen es alleine können.
Als letztes Argument hörte ich von Josie, dass so einer wie Herr Öttinger ja nur peinlich sei. Das kommt davon, wenn man eben auf die Wahlergebnisse derer angewiesen ist, die zur Wahlgegangen sind. Da kann es schon einmal peinlich werden – oder wie im Vereinigten Königreich, wo sich die Peinlichkeit ins Drama steigert. Also: WÄHLEN GEHEN!

Beate Schanzenbach, 22.04.2019

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